239
Stahl (Georg Ernst) – Staehlin
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Stahl (Friedr. Jul.)'
schwang er sich rasch zum Führer der Feudalpartei empor. Im Erfurter Parlament 1850 widersetzte er sich der Herstellung des
Deutschen Bundesstaates. Einflußreich wurde er auch als Mitglied des Evangelischen Oberkirchenrats. S. starb 10. Aug. 1861
im Bade Brückenau. Von seinen kleinern Schriften sind hervorzuheben: «Was ist Revolution?» (3. Aufl., Berl. 1853) und
«Wider Bunsen» (1. bis 3. Aufl., ebd. 1855). Nach seinem Tode erschienen: «Siebzehn parlamentarische Reden» (Berl. 1862) und
«Die gegenwärtigen Parteien in Staat und Kirche» (ebd. 1863; 2. Aufl. 1868). – Vgl. Pernice, Savigny, S. (Berl. 1862).
Stahl, Georg Ernst, Chemiker und Arzt, geb. 21. Okt. 1660 zu Ansbach,
studierte in Jena, wurde 1687 Hofmedikus des Herzogs von Weimar, 1694 Professor der Medizin an der Universität zu Halle,
1716 Leibarzt des Königs von Preußen und starb 14. Mai 1734 in Berlin. Neben zahlreichen Einzelbeobachtungen auf dem Gebiete
der Chemie verdankt die letztere ihm den ersten Versuch einer Zusammenfassung der zahlreichen bekannt gewordenen Thatsachen
von einheitlichem theoretischem Gesichtspunkte aus. Im Anschluß an die Ansichten
Joh. Joachim Bechers (s. d.) über das Wesen der Metallverkalkung
erklärte er nicht nur diese, sondern alle Verbrennungserscheinungen überhaupt durch die Annahme eines hypothetischen Stoffs,
des Phlogistons, welcher bei der Verbrennung entweiche. (S. Phlogistische Chemie.) Diese Lehren S.s,
durch die er der eigentliche Begründer der wissenschaftlichen Chemie wurde, herrschten bis Lavoisier, welcher die Erklärung
all dieser Vorgänge geradezu umkehrte. Zur ersten Einführung der Phlogistontheorie gab er 1702 Bechers
«Physica subterranea» heraus und entwickelte seine Ansichten in einem dazu gegebenen
Anhange. Sein Hauptwerk sind die
«Experimenta, observationes et animadversiones chymico-physicae» (Berl. 1731). Die unter
seinem Namen erschienenen Bücher: «Opusculum chymicophysicomedicum» (Halle 1715), die
«Fundamenta chymicae-pharmaceuticae» (1721) und
«Fundamenta chymiae dognatica rationalis et experimentalis» (Nürnb. 1723) sind nicht von
ihm selbst, sondern von seinen Schülern zum Druck ausgearbeitet worden. In der Medizin war S. der Schöpfer der Lehre vom
Animismus (s. d.); in dieser Beziehung ist sein Hauptwerk die
«Theoria medica vera» (Halle 1707; neueste Aufl. von Choulant, 3 Bde., Lpz. 1831–33;
deutsch von Ideler, 3 Bde., Berl. 1832–33).
Stahlblau, dunkelblaue Farbe des in der Hitze angelaufenen Stahls.
Stahlbrillanten, Stahldiamanten, kleine, mit Schraubengewinde
(zum Befestigen) versehene Stahlstifte, deren Köpfe viele blank geschliffene und polierte Facetten zeigen.
Stahlgießerei, im engern Sinne die Herstellung gegossener Gebrauchsgegenstände aus Stahl, d. i.
härtbarem schmiedbarem Eisen, im weitern und gebräuchlichern Sinne dagegen aus allem ↔ schmiedbarem Eisen
überhaupt. Jahrhundertelang hielt man unter den verschiedenen Eisengattungen nur das Roheisen für gießbar; die ersten
gegossenen Stahlgegenstände wurden 1851 durch die Bochumer Gußstahlfabrik geliefert. Seitdem ist das Verfahren wesentlich
vervollkommnet und ausgedehnt worden. Die meiste Verwendung findet der in Tiegeln geschmolzene Gußstahl und der Martinstahl
(s. Eisenerzeugung III, B; V, B). Die Gußformen werden aus Masse gefertigt und vor dem Guß gebrannt. Die
gegossenen Gegenstände müssen, ehe sie in Benutzung oder weitere Verarbeitung genommen werden können, einem mehrtägigen
Glühen in besondern Glühöfen unterzogen werden, um die nach dem Guß ihnen innewohnende Sprödigkeit zu verlieren. Die Gebiete,
auf welchen der Stahlguß vorzugsweise Verwendung findet, sind der Maschinen- und Schiffbau. Teile, welche, in Gußeisen
gefertigt, zu geringe Festigkeit und zu große Sprödigkeit besitzen, durch Schmieden aber sich gar nicht oder nur schwierig
herstellen lassen würden, lassen sich in zahlreichen Fällen vorteilhaft in Martinstahl gießen, z. B. Getriebe, welche
starker Beanspruchung unterworfen sind, Cylinder für hydraulische Pressen, Ständer für verschiedene Maschinen, Vor- und
Hintersteven für Schiffe, Räder für Straßen- und Feldbahnen, Herzstücke für Eisenbahnen u. s. w. Gußstahl kommt namentlich
für Geschützrohre in Anwendung. – Vgl. Ledebur, Handbuch der Eisen- und Stahlgießerei (2. Aufl., Weim. 1892).
Stahlhof, engl. Steel Yard (so genannt vom Stählen oder
Färben des Tuchs), die Niederlassung der Hansa in London. Sie umfaßte die uralte, wenn auch erst seit 1260 urkundlich
nachweisbare Gildhalle der Deutschen und eine größere Anzahl benachbarter Gebäude, deren Besitz der Hansa im Utrechter
Frieden von 1474 als Schadenersatz bewilligt wurde. Der ganze Komplex lag außerordentlich günstig am linken Themseufer
etwas oberhalb London-Bridge, der einzigen Brücke der alten Stadt, an der Stelle des jetzigen Bahnhofs Cannon-Street. Den
vornehmsten Bestandteil bildeten Warenspeicher, Geschäfts- und Wohnräume, aber es fehlten auch nicht ein Garten und ein
rhein. Weinhaus. Der Glanz des S. erblich mit dem Verlust der hansischen Privilegien 1598, und der große Londoner Brand von
1666 vollendete den Niedergang. Der Platz wurde zwar wieder bebaut und zu Speichern und Werften verwendet, aber der Besitz
galt den Städten Lübeck, Hamburg und Bremen, den Rechtsnachfolgern der alten Hansa, doch nur als eine Last, und 1853 wurde
das «Erbe der Kaufleute des Kaisers» für 72500 Pfd. St. an engl. Unternehmer verkauft. – Vgl. Lappenberg, Urkundliche
Geschichte des hanseatischen S. zu London (Hamb. 1851).
Staehlin, Adolf von, luth. Theolog, geb. 27. Okt. 1823 zu Schmähingen bei Nördlingen, studierte in
Erlangen, trat 1844 in das Predigerseminar zu München ein, wurde 1856 Pfarrer in Tauberscheckenbach, 1861 in Rothenburg ob
d. T., 1864 in Nördlingen, 1866 geistlicher Rat im Konsistorium zu Ansbach und Hauptprediger daselbst, 1879
Oberkonsistorialrat in München, 1883 Präsident des Oberkonsistoriums und Reichsrat. Er starb 4. Mai 1897 in München. S.
schrieb: «Zur Schulreformfrage» (Nördl. 1865), «Das landesherrliche Kirchenregiment und sein Zusammenhang mit
Volkskirchentum» (Lpz. 1871), «Justin der Mär-
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 240.